13 Matching Annotations
  1. Feb 2020
    1. Wenn der öffentliche Raum zunehmend auch ein digitaler ist, wäre es aber gut, wenn es auch Störaktionen im Algorithmus geben könnte. Und wenn der digitale auch wirklich ein öffentlicher, für alle zugänglicher Raum wäre. Der auch einen neuen Umgang mit diesem digitalen Gut erfordert, indem Daten und verwendete Algorithmen leicht einsehbar und korrigierbar sein müssten.

      Der digitale Raum ist (an vielen Stellen) ein öffentlicher Raum, und der muss offen sein für gesellschaftliche Reflexion und politische Eingriffe.

    2. Es kann aber auch bedeuten, dass en passant Dinge verloren gehen, die bei der Verlagerung in die digitale Sphäre nicht "mitkopiert" bzw. "ge-mapped" werden konnten. Zum Beispiel gesellschaftliche Solidarität – weil es sich algorithmisch schwer abbilden lässt, dass ein Mensch einen Nachteil in Kauf nehmen möchte, um jemanden zu unterstützten, den man nicht mal kennt.

      (Seltsames Beispiel: Wie hätte Noller die französischen Bauern unterstützt, wenn er in ihrem Stau gelandet wäre?) Im Kern: das "Brave New World"-Argument, oder die TV-Szene aus Fahrenheit 451. "Realitätsverlust" durch Medien-Spiegelung.

    3. Durch minimale Eingriffe wie diese findet derzeit eine Verschiebung unseres Lebens in die digitale Sphäre statt. Ob es sich um Fahrwege handelt, um Freundschaften, politische Prozesse oder einfach nur digitale Lieferketten: Alles bekommt seinen digitalen Zwilling und dieser wird mit immer mehr Einfluss ausgestattet, je stärker wir das umsetzen, was wir Digitalisierung nennen.

      Verallgemeinerung: Unsere Welt hat eine zusätzliche Dimension bekommen. Sie wird komplexer, politischer, zugleich ja gerade: beeinflussbarer (!)

    4. Ein immer perfekteres digitales System im Hintergrund könnte aber auch noch andere Optimierungen unserer Realität vornehmen – Krankenkassen könnten zum Beispiel eine Versicherte zu einem gesünderen Lebenswandel motivieren, indem sie die Preisschilder beeinflusst, die sie an den Supermarkt-Regalen sehen.

      Jetzt: Personalisierte Umgestaltung der "Welt", die jemand wahrnimmt. Die Lebensbedingungen selbst (die Preise) verändern sich, aufgrund eines Kontrakts mit der Krankenkasse.

    1. Doch was bedeutet das eigentlich für unsere Gesellschaft, wenn ein Algorithmus entscheiden kann, dass ein Streik ins Leere läuft? Die Bauern wollten unsere Fahrt ja behindern, um auf ihre Probleme aufmerksam zu machen. Und vielleicht hätten wir uns auch behindern lassen wollen – um über die Produktionsbedingungen in der Landwirtschaft nachzudenken.

      Was ist Nollers Einwand? Absichtliche Störungen, die Kommunikation auslösen sollen, werden in diesem "Schöne Neue Welt"-System für normale Menschen unsichtbar gemacht. Was ist hier das Problem des "Digitalen"?

    2. dieses Mal führte uns Google Maps über einen anderen Weg. Zu Beginn bemerkten wir es gar nicht, aber hier und dort fuhren wir plötzlich Landstraße, wo wir bisher immer auf die Autobahn gelenkt worden waren. Da es keine größeren Umwege waren, dachte ich mir nichts dabei und folgte stur den Anweisungen des Gerätes. Kurz vor dem Ziel wollten wir noch mal ein Stück Autobahn fahren, wichen von der vorgeschlagenen Route ab und steckten plötzlich fest – eine offenbar eben erst errichtete Straßenblockade einiger Bauern versperrte uns den Weg. Google Maps hielt kurz inne und schlug schnell eine Umfahrung vor. Dann hörte ich im Radio, dass französische Bauern schon den ganzen Tag über landesweit für höhere Lebensmittelpreise streikten, viele Auffahrten und Kreuzungen seien von den wütenden Bauern blockiert worden. Da erst wurde mir klar, dass Google uns den ganzen Tag um die Blockaden herumgelenkt hatte

      Staus waren Demos, Google ersparte den Kontakt mit einer schwierigen und unbequemen Wirklichkeit. Was zeigt das Beispiel wirklich? Wo ist hier das Problem? Was ist anders als sonst in der urban-technischen "realen Welt"?

    3. Weil sie ins Bewusstsein ruft, dass wir, die wir ständig ein Smartphone mit uns herumtragen, für die digitalen Zwillinge unserer Verkehrswege als Verkehrszähler fungieren. Und sich die so erhobenen Nutzungsdaten eben fast ohne Zusatzkosten auswerten, hin- und herbewegen und für alle möglichen Dinge verwenden lassen. Zum Beispiel um Staus zu umfahren, von deren Existenz das System uns nicht einmal in Kenntnis setzt.

      Der Stau als Inbegriff des "Realen".

    4. Und Gemeinden ächzen plötzlich unter massivem Durchgangsverkehr, weil ein prominenter Navigationsdienst Autos durch ihren Ort leitet.

      Was ist der Unterschied zwischen: -- Autoradio-Verkehrsnachrichten bei Urlaubsstaus im Süden in Kombination mit ADAC-Straßenkarten für Autofahrer? -- Navis? -- Google Maps?

    5. dass es plötzlich eine neue Sprache versteht, oder die Lampen im Wohnzimmer steuert – und so im Kleinen unseren Alltag verändert.

      "Es", also das Smartphone, "versteht eine Sprache" und "steuert die Lampen im Wohnzimmer". Wer versteht hier eine Sprache? Was ist der Unterschied zwischen Erweiterung der Welt durch Sprache und Atomatisierung der Beleuchtung?

    6. Windräder stehen still, weil Stellgrößen in der Cloud eine Überkapazität abfangen wollen.

      Was genau passiert hier? Wo ist das Problem, das Noller sieht?

    1. Das bedeutet aber auch, dass die digitale Abbildung der Dinge um uns herum nicht mehr primär beeinflusst, was wir mit den Dingen tun, die uns real umgeben. Sondern sie beginnt auch, das reale Objekt zu beeinflussen. Man könnte so weit gehen und sagen, dass die digitale Sphäre zunehmend die Kontrolle, die Steuerungsfunktion übernimmt.
      • "die Dinge, die uns real umgeben", die "realen Objekte" werden jetzt "beeinflusst", aus der Sphäre der digitalen Spiegelung heraus.
      • Inwiefern übernimmt hier "die digitale Sphäre die Kontrolle, die Steuerungsfunktion"? [Kybernetik: Steuermann]
      • Wer genau verfügt über diese Kontrolle? Wo im vor-digitalen Leben begegnen wir Verhältnissen, in denen uns eine eigengesetzliche Welt gegenüber tritt, die wir als "Realität" einfach hinnehmen?
    2. Welche Wechselwirkung und welches Eigenleben die Existenz digitaler Zwillinge mit sich bringt, wie sie uns und die Dinge in der realen Welt beeinflussen – all diese Auswirkungen einer immer weiter fortschreitenden Digitalisierung beginnen wir erst zu verstehen, während sie längst geschehen und sich bereits tief in unserem Alltag verankert haben.

      Was ist hier genau mit "reale Welt" gemeint? Was ist anders bei "Wechselwirkung und Eigenleben", wenn man Google Maps vergleicht mit dem alten System von Autoradio-Verkehrsmeldungen?

    3. Inzwischen aber ragt diese Idee längst in viele andere Lebensbereichen hinein. Überall werden digitale Abbilder von realen Objekten geschaffen. Teils wird sogar bereits versucht, dies für Personen zu tun.

      Abbilder von Maschinen >> Abbilder von "realen Objekten" >> Abbilder von Lebewesen