15 Matching Annotations
  1. Nov 2017
    1. Am Anfang von Gottes Schöpfung von Himmel und Erde 2 war

      Der heb. Text beginnt mit dem Wort bereschit ("Am Anfang") - anders, als die übliche Übersetzung das nahelegt, ein unbestimmtes, artikelloses Substantiv. Weil im Heb. ebenso wie im Dt. eigentlich ein Artikel stehen würde, wenn von "dem [einen] Anfang" die Rede ist, muss dieser Ausfall des Artikels erklärt werden.

      Die wahrscheinlichste Erklärung ist diese: reschit ("Anfang") ist ein sog. "relationales Nomen": Etwas ist immer Anfang von etwas. bereschit ist daher im Heb. stets Teil einer Genitivverbindung, die angibt, wovon etwas "Anfang" ist (s. noch Jer 26,1; 27,1; 28,1; 49,34; Hos 9,10; 1 QS 10,1.5.13.15; 1 QH 12,6; vgl. Merlo 2008, S. 74; Rottzoll 1991, S. 248). Weil im Heb. das erste Glied einer solchen Genitivverbindung stets unbestimmt ist, ist dies der Grund für die Artikellosigkeit von bereschit.

      Dass auf dieses erste Glied nicht ein weiteres Nomen folgt, sd. ein Verb, ist unproblematisch: Im Heb. kann in einem sog. "Substantivsatz" ein Verb auch die Rolle eines Nomens übernehmen.

      Demnach ist Gen 1,1 aufzulösen: "Am Anfang von Gott-schuf-Himmel-und-Erde". So lösen z.B. auch auf: Di Lella 1985, S. 129; Merlo 2008; Nic §18; Orlinsky 1983; Rechenmacher 2002; Speiser 1964 und schon Harper 1888, S. 22 und Smith 1928.


    2. der Atem Gottes stürmte

      Umstrittene Stelle; Heb. ruach haelohim. Weil ruach theoretisch "Geist", "Atem" oder "Wind" und elohim "Gott" oder "stark" bezeichnen kann, sind die beiden verbreitetsten Deutungen (1) "Der Geist Gottes schwebte" und (2) "Ein starker Wind stürmte".

      Deutung (1) geht nicht an, weil es die Vorstellung eines eigenständigen "Geistes Gottes" im AT noch nicht gibt, die Rolle dieses Geistes Gottes in dieser Schilderung des Urzustands der Welt unklar wäre und das Verb von einer schnellen Bewegung spricht und daher nicht mit einem "Geist Gottes" vereinbar ist. Deutung (2) geht ebensowenig an, weil elohim in Gen 1 sehr häufig und stets in der Bedeutung "Gott" verwendet wird. Die Rede muss also sein von einem heftigen "Atem Gottes" oder einem starken "Wind Gottes".

      Biblische Parallelen lassen sich grob in zwei Gruppen aufteilen: (1) Solche vom mächtigen Atem Gottes, mit dem er häufig gerade auf das Wasser einwirkt, und (2) solche vom Atem Gottes als etwas, mit dem er schafft.


      Der mächtige Atem Gottes:

      Ex 15,8.10:

      *8 Durch dein Blasen taten sich die Wasser empor, und die Fluten standen in Haufen; die Tiefe wallte voneinander mitten im Meer. ... 10 Da ließest du deinen Atem/Wind ( ruach ) blasen und das Meer bedeckte sie, und sie sanken unter wie Blei im mächtigen Wasser.*

      2 Sam 22,16 // Ps 18,16:

      Da sah man das Bett der Wasser, und des Erdbodens Grund ward aufgedeckt, HERR, von deinem Schelten, von dem Odem und Schnauben deiner Nase.

      Ps 29,3f.:

      *3 Die Stimme des HERRN geht über den Wassern; der Gott der Ehren donnert, der HERR über großen Wassern. 4 Die Stimme des HERRN geht mit Macht; die Stimme des HERRN geht herrlich.*

      Ps 104,7:

      *Aber von deinem Schelten flohen [die Wasser], von deinem Donner fuhren sie dahin.**


      Atem Gottes als Schöpfungskraft:

      Ps 33,6.9:

      *6 Der Himmel ist durch das Wort des HERRN gemacht und all sein Heer durch den Geist seines Mundes. ... 9 Denn so er spricht, so geschieht’s; so er gebeut, so stehet’s da.*

      Am klarsten ist dieses Motiv natürlich in Gen 1 selbst.


      Kombiniert sind beide Motive auch in Jdt 16,17f.:

      *17 Alle deine Kreatur muß dir dienen; denn was du sprichst, das muß geschehen. Wo du einem einen Mut gibst, das muß fortgehen, und deinem Wort kann niemand Widerstand tun. 18 Die Berge müssen zittern, und die Felsen zerschmelzen wie Wachs vor dir.**


      Orientiert man sich an diesen Parallelen, sind Vv. 1f. wahrscheinlich so aufzufassen und zu strukturieren:

      • V. 1: Zeitlicher Nebensatz zu V. 2: Erzählt wird vom Beginn von Gottes Schöpfungshandeln
      • Vv. 2ab: Urzustand der Erde: Zu Beginn von Gottes Schöpfungshandeln liegt die Welt im Finstern und ist von Wasser bedeckt.
      • V. 2c: Gottes Stimme, die so mächtig ist, dass sie geradezu "stürmt" (ganz ähnlich wie in Ps 18,14 seine Stimme "Hagel und Feuerglut" ist, wie in Ps 29,3 die Stimme JHWHs über den Wasser "donnert" oder wie in Ps 104,7 die Wasser vor der "Stimme seines Donners" fliehen. Vgl. dann auch Sir 43,16f: "Es lässt sein Wort den Südwind wehen, des Nordwinds Brausen, Wind und Wetter." (Üs.: Kaiser)), ist die "Gegen-kraft" des Urmeers: Mittels ihrer wird das Urmeer "besiegt" und "gespalten" und eine ganze neue Weltordnung ins Sein gesetzt. Von diesem Ins-Sein-Setzen berichten dann Vv. 3ff. Vgl. ähnlich z.B. Di Lella 1985, S. 130.

      • Di Lella, Alexander A.: Genesis 1:1-10: A Formal Introduction to P's Creation Account, in: A. Caquot u.a.: Mélanges bibliques et orientaux en l'honneur de M. Mathias Delcor. Kevelaer/Neukirchen-Vluyn, 1985. S. 127-137.
    3. „Tag“

      W. "1 Tag" (statt "ein Tag"): Vv. 3-5 berichten von der Schöpfung der zeitlichen Ordnung, nicht von der Schöpfung der Helligkeit. Funktion der Formel "Es wurde Abend usw." ist hier also nicht nur, davon zu berichten, dass der erste Schöpfungsabschnitt nun abgelaufen ist, sondern ineins damit wird vorgeführt, wie Gott die zeitliche Ordnung ins Sein setzt. Nach der Unterscheidung von Hellem und Finsterem, von Tag und Nacht, muss es 1x Abend und 1x Morgen werden, dann ist die Zeitspanne von "1 Tag" vergangen. Vv. 6ff. berichten dann von der Einsetzung des Raumes.

      Vgl. dazu Sasson 1992, S. 191; Steinmann 2002, S. 583f. u.a.


    1. „Tag“

      W. "1 Tag" (statt "ein Tag"): Vv. 3-5 berichten von der Schöpfung der zeitlichen Ordnung, nicht von der Schöpfung der Helligkeit. Funktion der Formel "Es wurde Abend usw." ist hier also nicht nur, davon zu berichten, dass der erste Schöpfungsabschnitt nun abgelaufen ist, sondern ineins damit wird vorgeführt, wie Gott die zeitliche Ordnung ins Sein setzt. Nach der Unterscheidung von Hellem und Finsterem, von Tag und Nacht, muss es 1x Abend und 1x Morgen werden, dann ist die Zeitspanne von "1 Tag" vergangen. Vv. 6ff. berichten dann von der Einsetzung des Raumes.

      Vgl. dazu Sasson 1992, S. 191; Steinmann 2002, S. 583f. u.a.


    2. Am Anfang von Gottes Schöpfung von Himmel und Erde 2 war

      Der heb. Text beginnt mit dem Wort bereschit ("Am Anfang") - anders, als die übliche Übersetzung das nahelegt, ein unbestimmtes, artikelloses Substantiv. Weil im Heb. ebenso wie im Dt. eigentlich ein Artikel stehen würde, von von "dem [einen] Anfang" die Rede ist, muss dieser Ausfall des Artikels erklärt werden.

      Die wahrscheinlichste Erklärung ist diese: reschit ("Anfang") ist ein sog. "relationales Nomen": Etwas ist immer Anfang von etwas. bereschit ist daher im Heb. stets Teil einer Genitivverbindung, die angibt, wovon etwas "Anfang" ist (s. noch Jer 26,1; 27,1; 28,1; 49,34; Hos 9,10; 1 QS 10,1.5.13.15; 1 QH 12,6; vgl. Merlo 2008, S. 74; Rottzoll 1991, S. 248). Weil im Heb. das erste Glied einer solchen Genitivverbindung stets unbestimmt ist, ist dies der Grund für die Artikellosigkeit von bereschit.

      Dass auf dieses erste Glied nicht ein weiteres Nomen folgt, sd. ein Verb, ist unproblematisch: Im Heb. kann in einem sog. "Substantivsatz" ein Verb auch die Rolle eines Nomens übernehmen.

      Demnach ist Gen 1,1 aufzulösen: "Am Anfang von Gott-schuf-Himmel-und-Erde". So lösen z.B. auch auf: Di Lella 1985, S. 129; Merlo 2008; Nic §18; Orlinsky 1983; Rechenmacher 2002; Speiser 1964 und schon Harper 1888, S. 22 und Smith 1928.


    1. „Tag“

      W. "1 Tag" (statt "ein Tag"): Vv. 3-5 berichten von der Schöpfung der zeitlichen Ordnung, nicht von der Schöpfung der Helligkeit. Funktion der Formel "Es wurde Abend usw." ist hier also nicht nur, davon zu berichten, dass der erste Schöpfungsabschnitt nun abgelaufen ist, sondern ineins damit wird vorgeführt, wie Gott die zeitliche Ordnung ins Sein setzt. Nach der Unterscheidung von Hellem und Finsterem, von Tag und Nacht, muss es 1x Abend und 1x Morgen werden, dann ist die Zeitspanne von "1 Tag" vergangen. Vv. 6ff. berichten dann von der Einsetzung des Raumes.

      Vgl. dazu Sasson 1992, S. 191; Steinmann 2002, S. 583f. u.a.


    2. Atem Gottes stürmte

      Umstrittene Stelle; Heb. ruach haelohim. Weil ruach theoretisch "Geist", "Atem" oder "Wind" und elohim "Gott" oder "stark" bezeichnen kann, sind die beiden verbreitetsten Deutungen (1) "Der Geist Gottes schwebte" und (2) "Ein starker Wind stürmte".

      Deutung (1) geht nicht an, weil es die Vorstellung eines eigenständigen "Geistes Gottes" im AT noch nicht gibt, die Rolle dieses Geistes Gottes in dieser Schilderung des Urzustands der Welt unklar wäre und das Verb von einer schnellen Bewegung spricht und daher nicht mit einem "Geist Gottes" vereinbar ist. Deutung (2) geht ebensowenig an, weil elohim in Gen 1 sehr häufig und stets in der Bedeutung "Gott" verwendet wird. Die Rede muss also sein von einem heftigen "Atem Gottes" oder einem starken "Wind Gottes".

      Biblische Parallelen lassen sich grob in zwei Gruppen aufteilen: (1) Solche vom mächtigen Atem Gottes, mit dem er häufig gerade auf das Wasser einwirkt, und (2) solche vom Atem Gottes als etwas, mit dem er schafft.


      Der mächtige Atem Gottes:

      Ex 15,8.10:

      *8 Durch dein Blasen taten sich die Wasser empor, und die Fluten standen in Haufen; die Tiefe wallte voneinander mitten im Meer. ... 10 Da ließest du deinen Atem/Wind ( ruach ) blasen und das Meer bedeckte sie, und sie sanken unter wie Blei im mächtigen Wasser.*

      2 Sam 22,16 // Ps 18,16:

      Da sah man das Bett der Wasser, und des Erdbodens Grund ward aufgedeckt, HERR, von deinem Schelten, von dem Odem und Schnauben deiner Nase.

      Ps 29,3f.:

      *3 Die Stimme des HERRN geht über den Wassern; der Gott der Ehren donnert, der HERR über großen Wassern. 4 Die Stimme des HERRN geht mit Macht; die Stimme des HERRN geht herrlich.*

      Ps 104,7:

      *Aber von deinem Schelten flohen [die Wasser], von deinem Donner fuhren sie dahin.**


      Atem Gottes als Schöpfungskraft:

      Ps 33,6.9:

      *6 Der Himmel ist durch das Wort des HERRN gemacht und all sein Heer durch den Geist seines Mundes. ... 9 Denn so er spricht, so geschieht’s; so er gebeut, so stehet’s da.*

      Am klarsten ist dieses Motiv natürlich in Gen 1 selbst.


      Kombiniert sind beide Motive auch in Jdt 16,17f.:

      *17 Alle deine Kreatur muß dir dienen; denn was du sprichst, das muß geschehen. Wo du einem einen Mut gibst, das muß fortgehen, und deinem Wort kann niemand Widerstand tun. 18 Die Berge müssen zittern, und die Felsen zerschmelzen wie Wachs vor dir.**


      Orientiert man sich an diesen Parallelen, sind Vv. 1f. wahrscheinlich so aufzufassen und zu strukturieren:

      • V. 1: Zeitlicher Nebensatz zu V. 2: Erzählt wird vom Beginn von Gottes Schöpfungshandeln
      • Vv. 2ab: Urzustand der Erde: Zu Beginn von Gottes Schöpfungshandeln liegt die Welt im Finstern und ist von Wasser bedeckt.
      • V. 2c: Gottes Stimme, die so mächtig ist, dass sie geradezu "stürmt" (ganz ähnlich wie in Ps 18,14 seine Stimme "Hagel und Feuerglut" ist, wie in Ps 29,3 die Stimme JHWHs über den Wasser "donnert" oder wie in Ps 104,7 die Wasser vor der "Stimme seines Donners" fliehen. Vgl. dann auch Sir 43,16f: "Es lässt sein Wort den Südwind wehen, des Nordwinds Brausen, Wind und Wetter." (Üs.: Kaiser)), ist die "Gegen-kraft" des Urmeers: Mittels ihrer wird das Urmeer "besiegt" und "gespalten" und eine ganze neue Weltordnung ins Sein gesetzt. Von diesem Ins-Sein-Setzen berichten dann Vv. 3ff. Vgl. ähnlich z.B. Di Lella 1985, S. 130.

      • Di Lella, Alexander A.: Genesis 1:1-10: A Formal Introduction to P's Creation Account, in: A. Caquot u.a.: Mélanges bibliques et orientaux en l'honneur de M. Mathias Delcor. Kevelaer/Neukirchen-Vluyn, 1985. S. 127-137.
    3. 1 Am Anfang von Gottes Schöpfung von Himmel und Erde 2 war

      Der heb. Text beginnt mit dem Wort bereschit ("Am Anfang") - anders, als die übliche Übersetzung das nahelegt, ein unbestimmtes, artikelloses Substantiv. Weil im Heb. ebenso wie im Dt. eigentlich ein Artikel stehen würde, von von "dem [einen] Anfang" die Rede ist, muss dieser Ausfall des Artikels erklärt werden.

      Die wahrscheinlichste Erklärung ist diese: reschit ("Anfang") ist ein sog. "relationales Nomen": Etwas ist immer Anfang von etwas. bereschit ist daher im Heb. stets Teil einer Genitivverbindung, die angibt, wovon etwas "Anfang" ist (s. noch Jer 26,1; 27,1; 28,1; 49,34; Hos 9,10; 1 QS 10,1.5.13.15; 1 QH 12,6; vgl. Merlo 2008, S. 74; Rottzoll 1991, S. 248). Weil im Heb. das erste Glied einer solchen Genitivverbindung stets unbestimmt ist, ist dies der Grund für die Artikellosigkeit von bereschit.

      Dass auf dieses erste Glied nicht ein weiteres Nomen folgt, sd. ein Verb, ist unproblematisch: Im Heb. kann in einem sog. "Substantivsatz" ein Verb auch die Rolle eines Nomens übernehmen.

      Demnach ist Gen 1,1 aufzulösen: "Am Anfang von Gott-schuf-Himmel-und-Erde". So lösen z.B. auch auf: Di Lella 1985, S. 129; Merlo 2008; Nic §18; Orlinsky 1983; Rechenmacher 2002; Speiser 1964 und schon Harper 1888, S. 22 und Smith 1928.


    1. Nicht und Nichts: Nur Dunkelheit war auf der Meerestiefe.

      Die Vorstellung einer Welt, die uranfangs im Dunkeln liegt und von Wasser bedeckt ist, ist im ganzen Alten Orient verbreitet:

      Bibel

      Ps 104,6-8:

      *6 Mit der Tiefe deckst du [die Erde] wie mit einem Kleide, / und Wasser standen über den Bergen. 7 Aber vor deinem Schelten flohen sie, / vor deinem Donner fuhren sie dahin. 8 Die Berge gingen hoch hervor, / und die Täler setzten sich herunter zum Ort, / den du ihnen gegründet hast.*


      Ägyptisch

      Die Weltschöpfung in der Esna-Tradition:

      Der Vater der Väter, die Mutter der Mütter, die uranfängliche Wesenheit, die am Anbeginn der Zeit entstand, war nun körperlich in Erscheinung getreten, als sie sich (noch) inmitten des Urgewässers befand, während die Erde (noch) in Finsternis lag, der Tag (noch) in Dunkelheit gehüllt war, bevor (noch) die Erde (aus dem Urgewässer) hervorgetreten war und bevor es Vegetation gab. (Üs.: TUAT III/5, S. 1079)

      Sargtext 80 [Die Rede ist von der Schöpfung der acht Götter, die dem Gott Schu bei der Schöpfung helfen]:

      Oh, ihr acht Unendlichen - unendliche Zahl Unendlicher! - / die ihr den Himmel mit euren Armen umfasst, / die ihr zusammenzieht Himmel und Horizont Gebs! / Schu gab euch Geburt / aus der Flut, aus den Wassern, / aus der Verlorenheit, aus der Dunkelheit... (Üs. nach COS 1.8)


      Babylonisch

      Enuma Elisch:

      Als oben der Himmel noch nicht existierte / und unten die Erde noch nicht entstanden war - / gab es Apsu, den ersten, ihren Erzeuger, / und Schöpferin Tiamat, die sie alle gebar; / sie hatten ihre Wasser miteinander vermischt, / ehe sich Weideland verband und Röhricht zu finden war... (Üs.: TUAT III/4, S. 569)


      Hethitisch:

      Telipinu und die Tochter des Meeres:

      Früher, als das große M[eer der Alleinherrscher war - als aber] Himmel, Erde (und) Menschhe[it geschaffen wurden,] (da) wurde es streitsüchtig und holte [den Sonnengott des Himmels] herunter und [hielt] ihn [versteckt]. Dies [hatte] im Lande schlimme [Folgen], (da) Dunkelheit hereinbrach. Das Me[er tobte], (und) niemand konnte ihm widerstehen. (Üs.: TUAT III/4, S. 811)


      Sumerisch

      Kosmogonie aus Nibru

      An, der Herr, erhellte den Himmel, die Erde war dunkel, / in die Unterwelt wurde nicht geschaut, / aus der Tiefe wurde noch kein Wasser geschöpft, / nichts wurde geschaffen... (Üs.: TUAT III/3, S. 353)

    2. Nicht und Nichts

      Heb. tohu wabohu, eine stehende Wendung, die sich auch Jes 34,11 und Jer 4,23 findet und deren Bedeutung umstritten ist.

      Das Wort bohu findet sich einzig innerhalb dieser Wendung und ist daher unklar. tohu steht im Hebräischen ebenso wie verwandte Wörter in verwandten Sprachen für das "Nichts", die "Leere", die "Ödnis" und die "Wüste", nicht aber für "Chaos" (!).

      Welche von diesen Bedeutungen hier am nächsten liegt, ist klar: Die Vorstellung des Uranfangs ist (wie oft im Alten Orient, s. die Parallelstellen) offensichtlich dergestalt, dass anfangs die Welt im Dunkeln liegt und gänzlich von Wassermassen - der "Tiefe" - überflutet ist. Diese Wassermassen muss Gott dann im Folgenden erst verlagern, damit "etwas Trockenes" sichtbar werden kann, und erst dann wird dieses "Trockene" benannt als "Erde". Zum Zeitpunkt von V. 2 existiert eine "Erde" also offenbar noch gar nicht: Die Erde war "Nicht und Nichts". So auch Galling 1950, S. 150.


      • Galling, Kurt: Der Charakter der Chaosschilderung in Gen. i 2, in: ZThK 47. 1950. S. 145-157
    3. 24 Und Gott sprach: „Die Erde bringe verschiedenste Arten von lebendigen Tieren hervor: Verschiedenste Arten von Vieh, Kriecher und wilden Tieren.“Und es geschah so.25 Und Gott machte verschiedenste Arten von wilden Tieren, verschiedenste Arten von Vieh und all die verschiedenen Arten von Boden-kriechern.Und Gott sah, dass es gut war.26 Und Gott sprach: „Ich will Menschen machen als mir ähnlichen Stellvertreter! Sie sollen herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel am Himmel und über das Vieh und über die ganze Erde und über alle Kriecher, die auf Erden kriechen.“27 Und Gott schuf den Menschen als seinen Stellvertreter, Zum Bilde Gottes schuf er ihn; Männlich und weiblich schuf er sie.28 Und Gott segnete sie. Er sprach zu ihnen: „Seid fruchtbar und mehrt euch und füllt die Erde und macht sie euch untertan und herrscht über die Fische im Meer und über die Vögel am Himmel und über alle Lebewesen, die auf Erden kriechen!“ 29 Und Gott sprach: „Hiermit gebe ich euch alles Samen tragende Getreide, das auf der Oberfläche der ganzen Erde ist, und alle Bäume, die in ihren Baumfrüchten Samen tragen, zu eurer Speise, 30 und allem Getier auf Erden und allen Vögeln am Himmel und allen Kriechern auf Erden, die Leben in sich haben, gebe ich alle Pflanzen zur Speise.“Und es geschah so.31 Und Gott sah, dass alles, was er gemacht hatte, sehr gut war.Es wurde Abend und es wurde Morgen: der sechste Tag.

      Eine schöne Eigentümlichkeit dieses Abschnitts ist sein Variationsreichtum und seine Betonung der Fünfzahl. Die "Kriecher" etwa - die Reptilien also - werden in fünf Versen mit fünf verschiedenen Bezeichnungen versehen:

      • V. 24: "Kriecher"
      • V. 25: "Alle Bodenkriecher"
      • V. 26: "Alle Kriecher, die auf Erden kriechen"
      • V. 28: "Alle Lebewesen, die auf Erden kriechen"
      • V. 30: "Alle Kriecher auf Erden, die Leben in sich haben".

      Ein anderes Beispiel ist die Reihenfolge der drei Landtierfamilien, die drei Mal in Folge variiert und im letzten Vers zum Fünfschritt erweitert wird:

      • V. 24: Vieh - Kriecher - wilde Tiere
      • V. 25: Wilde Tiere - Vieh - Kriecher
      • V. 26: [Fische - Vögel -] Vieh - wilde Tiere - Kriecher

      Dazu kommt allgemein die starke Häufung der Betonung der Vielfalt; das "verschiedenste Arten von..." etwa fällt fünf Mal allein in Vv. 24f.

      Ein Effekt dieser beiden Stileigentümlichkeiten ist sicher die Hervorhebung des Menschen unter allen Landtieren. So vieles Verschiedenes hat Gott geschaffen, und doch ragt unter den verschiedensten Arten von Schöpfungswesen an den ersten 5 Tagen jenes letzte des 6. Tages besonders hervor: Der Mensch, der Stellvertreter Gottes; die "Krone der Schöpfung", zu der ersten fünf Schöpfungstage hingeführt haben.

    4. etwas Schalenförmiges

      Im biblischen Weltbild ruht die Erde auf Sockeln auf einer großen Wassermasse auf; das Blau des Himmels ist eine weitere Wassermasse, die von einer festen Trennwand davon abgehalten wird, auf die Erde niederzustürzen. Von der Schöpfung dieser Trennwand berichten Vv. 6-8.

      Entsprechende Vorstellungen finden sich häufiger im Alten Orient; aus Ägypten etwa stammt diese sehr schöne bildliche Darstellung: Die Himmelsgöttin Nut überwölbt die Erde und hält eine Wassermasse zurück, auf der hier sogar Schiffe fahren.

      (Grafik bei Schäfer 1928, Abb. 29)


      • Schäfer, Heinrich: Weltgebäude der alten Ägypter. Berlin / Leipzig, 1928.
    5. der erste „Tag“

      W. "1 Tag" (statt "ein Tag"): Vv. 3-5 berichten von der Schöpfung der zeitlichen Ordnung, nicht von der Schöpfung der Helligkeit. Funktion der Formel "Es wurde Abend usw." ist hier also nicht nur, davon zu berichten, dass der erste Schöpfungsabschnitt nun abgelaufen ist, sondern ineins damit wird vorgeführt, wie Gott die zeitliche Ordnung ins Sein setzt. Nach der Unterscheidung von Hellem und Finsterem, von Tag und Nacht, muss es 1x Abend und 1x Morgen werden, dann ist die Zeitspanne von "1 Tag" vergangen. Vv. 6ff. berichten dann von der Einsetzung des Raumes.

      Vgl. dazu Sasson 1992, S. 191; Steinmann 2002, S. 583f. u.a.


    6. etwas Helles

      Mit "dem Hellen" ist wahrscheinlich nicht die "Helligkeit" gemeint (da die Lichtspender ja erst in Vv. 14-19 geschaffen werden), sondern der Tag als Einheit zur Zeitrechnung: Wie im restlichen Kapitel ruft Gott zuerst etwas nur abstrakt Bezeichnetes ins Sein und gibt dem dann einen Namen (z.B. "etwas Schalenförmiges" in Vv. 6-8 für den "Himmel", "Trockenes" in Vv. 9f. für "Erde" usw.; vgl. gut Good 2009, S. 12).


      • Good, Edwin M.: Genesis 1-11. Tales of the Earliest World. A New Translation and Essays. Stanford, 2009.
    7. Atem Gottes

      Umstrittene Stelle; Heb. ruach haelohim. Weil ruach theoretisch "Geist", "Atem" oder "Wind" und elohim "Gott" oder "stark" bezeichnen kann, sind die beiden verbreitetsten Deutungen (1) "Der Geist Gottes schwebte" und (2) "Ein starker Wind stürmte".

      Deutung (1) geht nicht an, weil es die Vorstellung eines eigenständigen "Geistes Gottes" im AT noch nicht gibt, die Rolle dieses Geistes Gottes in dieser Schilderung des Urzustands der Welt unklar wäre und das Verb von einer schnellen Bewegung spricht und daher nicht mit einem "Geist Gottes" vereinbar ist. Deutung (2) geht ebensowenig an, weil elohim in Gen 1 sehr häufig und stets in der Bedeutung "Gott" verwendet wird. Die Rede muss also sein von einem heftigen "Atem Gottes" oder einem starken "Wind Gottes".

      Biblische Parallelen lassen sich grob in zwei Gruppen aufteilen: (1) Solche vom mächtigen Atem Gottes, mit dem er häufig gerade auf das Wasser einwirkt, und (2) solche vom Atem Gottes als etwas, mit dem er schafft.


      Der mächtige Atem Gottes:

      Ex 15,8.10:

      *8 Durch dein Blasen taten sich die Wasser empor, und die Fluten standen in Haufen; die Tiefe wallte voneinander mitten im Meer. ... 10 Da ließest du deinen Atem/Wind ( ruach ) blasen und das Meer bedeckte sie, und sie sanken unter wie Blei im mächtigen Wasser.*

      2 Sam 22,16 // Ps 18,16:

      Da sah man das Bett der Wasser, und des Erdbodens Grund ward aufgedeckt, HERR, von deinem Schelten, von dem Odem und Schnauben deiner Nase.

      Ps 29,3f.:

      *3 Die Stimme des HERRN geht über den Wassern; der Gott der Ehren donnert, der HERR über großen Wassern. 4 Die Stimme des HERRN geht mit Macht; die Stimme des HERRN geht herrlich.*

      Ps 104,7:

      *Aber von deinem Schelten flohen [die Wasser], von deinem Donner fuhren sie dahin.**


      Atem Gottes als Schöpfungskraft:

      Ps 33,6.9:

      *6 Der Himmel ist durch das Wort des HERRN gemacht und all sein Heer durch den Geist seines Mundes. ... 9 Denn so er spricht, so geschieht’s; so er gebeut, so stehet’s da.*

      Am klarsten ist dieses Motiv natürlich in Gen 1 selbst.


      Kombiniert sind beide Motive auch in Jdt 16,17f.:

      *17 Alle deine Kreatur muß dir dienen; denn was du sprichst, das muß geschehen. Wo du einem einen Mut gibst, das muß fortgehen, und deinem Wort kann niemand Widerstand tun. 18 Die Berge müssen zittern, und die Felsen zerschmelzen wie Wachs vor dir.**


      Orientiert man sich an diesen Parallelen, sind Vv. 1f. wahrscheinlich so aufzufassen und zu strukturieren:

      • V. 1: Zeitlicher Nebensatz zu V. 2: Erzählt wird vom Beginn von Gottes Schöpfungshandeln
      • Vv. 2ab: Urzustand der Erde: Zu Beginn von Gottes Schöpfungshandeln liegt die Welt im Finstern und ist von Wasser bedeckt.
      • V. 2c: Gottes Stimme, die so mächtig ist, dass sie geradezu "stürmt" (ähnlich, wie in Ps 18,14 seine Stimme "Hagel und Feuerglut" ist, wie in Ps 29,3 die Stimme JHWHs über den Wasser "donnert" oder wie in Ps 104,7 die Wasser vor der "Stimme seines Donners" fliehen; vgl. dann auch Sir 43,16f: "Es lässt sein Wort den Südwind wehen, des Nordwinds Brausen, Wind und Wetter." (Üs.: Kaiser)), ist die "Gegen-kraft" des Urmeers: Mittels ihrer wird das Urmeer "besiegt" und "gespalten" und eine ganze neue Weltordnung ins Sein gesetzt. Von diesem Ins-Sein-Setzen berichten dann Vv. 3ff. Vgl. ähnlich z.B. Di Lella 1985, S. 130.

      • Di Lella, Alexander A.: Genesis 1:1-10: A Formal Introduction to P's Creation Account, in: A. Caquot u.a.: Mélanges bibliques et orientaux en l'honneur de M. Mathias Delcor. Kevelaer/Neukirchen-Vluyn, 1985. S. 127-137.